Wissensmanagement - Modelle

Bausteine des Wissensmanagements (Probst et al.)

Heutzutage besteht das Wissen hauptsächlich
in der Kenntnis der besten Nachschlagewerke.

Albereto Moravia, italienischer Schriftsteller

Ausgehend von theoretischen Vorüberlegungen wurden reale Problemstellungen als Grundlage für das Konzept des Wissensmanagements untersucht und gruppiert. Daraus wurden Kernprozesse des Wissensmanagements abgeleitet, die wiederum in enger Verbindung miteinander stehen. Interventionen in einzelnen Kernprozessen ziehen daher auch Auswirkungen auf andere nach sich [Prob97].

Wissensidentifikation, Wissenserwerb, Wissensentwicklung, Wissens(ver)teilung, Wissensnutzung und Wissensbewahrung sind die sechs Kernprozesse des Wissensmanagements. Durch Bestimmung von Wissenszielen und die Durchführung einer Wissensbewertung läßt sich ein Managementregelkreis aufbauen.

Bausteine des Wissensmanagements

  1. Wissensziele
    Die Identifikation von Wissenszielen als Kernaufgabe des Managements steht am Anfang und dient zur Planung als Grundlage für Kontrolle und Umsetzung. Sie beziehen sich auf wissens-bezogene Unternehmensziele auf normativer, strategischer und operativer Ebene und geben Lernprozessen eine Richtung bzw. machen den Erfolg von Wissensmanagement überprüfbar.
  2. Wissensidentifikation (Wissenstransparenz)
    Wissensidentifikation bedeutet Schaffung von Transparenz über internes und externes Wissen. Insbesondere geht es um die Analyse und Beschreibung von Wissen im Unternehmen und im Wissensumfeld. Intransparenz entsteht durch Dezentralisierung, Globalisierung, Lean Management, Restrukturierung und Fluktuation.
  3. Wissenserwerb
    Beim Wissenserwerb geht es um den Import von Wissen aus externen Quellen. Der Wissenserwerb kann durch folgende Aktivitäten erreicht werden: Erwerb von Wissen externer Wissensträger (Rekrutierung, externe Berater), Erwerb von Wissen anderer Unternehmen (Kooperationen jeglicher Art, Product links, Knowledge links), Erwerb von Stakeholderwissen (Kunden, Lieferanten) und Erwerb von Wissensprodukten.
  4. Wissensentwicklung
    Wissensentwicklung ist als komplementärer Baustein zum Wissenserwerb zu sehen, bei dem die Produktion neuer Fähigkeiten, Produkte, neuer und besserer Ideen sowie leistungsfähigerer Prozesse im Mittelpunkt steht. Dabei entstehen Innovationsbarrieren, welche die Entstehung und Förderung neuen Wissens behindern können. Schlüsselbereiche für die kollektive Wissensentwicklung sind Kommunikation, Transparenz und Integration.
  5. Wissens(ver)teilung
    Wissens(ver)teilung ist zwingende Voraussetzung, um isoliert vorhandenes Wissen der gesamten Organisation zur Verfügung zu stellen. Sie kann sich entweder auf zentral gesteuerte Verteilung auf eine festgelegte Gruppe oder auf Mitteilen von Wissen unter Individuen beziehen. Die Aufgaben sind: Multiplikation von Wissen, Sicherung und Teilung von gemachten Erfahrungen und simultaner Wissensaustausch, der direkt zu Wissensentwicklung führt. Kulturelle Teilungsbarrieren können der Wissens(ver)teilung im Weg stehen.
  6. Wissensbewahrung
    Die Bedeutung des organisatorischen Gedächtnisses steht im Zentrum dieses Bausteins und bildet ein System von Wissen und Fähigkeiten, das gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt als Grundlage für neues Wissen abgerufen werden kann. Zur Wissensbewahrung sind die Prozesse der Selektion, Speicherung und Aktualisierung von wertvollem Wissen notwendig. Durch Anreizsysteme und Austrittsbarrieren können darüber hinaus Fachleute mit für das Unternehmen wichtigen Expertisen an die Organisation gebunden werden.
  7. Wissensnutzung
    Wissensnutzung ist der produktive Einsatz von organisationalem Wissen. Wissensmanagement muß einen Kontext schaffen, in dem Wissensnutzung erleichtert wird und tatsächlich stattfinden kann, da eine Reihe von Barrieren existieren. Zur Erreichung der Nutzungsorientierung sollten in allen Bausteinen die Bedürfnisse der Nutzer bedacht werden.
  8. Wissensbewertung
    Entsprechend der definierten Wissenszielen auf normativer, strategischer und operativer Ebene müssen Methoden zur Messung vorhanden sein. Hier zeigt sich die Qualität der formulierten Zielvorstellungen. Zur Messung existiert kein erprobtes Instrumentarium von Indikatoren und Meßverfahren, daher müssen neue Wege beschritten werden. Als möglicher Weg wird mehrdimensionale Wissensbewertung durch Ursache-Wirkungszusammenhänge vorgeschlagen.
Dieses Modell orientiert sich am St. Gallener Managementmodell. Es berücksichtigt nur implizit erforderliche Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung in den einzelnen Bausteinen, aber nicht umfassend. Der Bezug zu den Unternehmenszielen ist gegeben, die Ableitung von Wissenszielen aus den Unternehmenszielen bleibt allerdings unklar. Es bietet ein bausteinbezogenes Instrumentarium und praktische Methoden zum operativen Wissensmanagement, stellt aber kein Implementierungsmodell dar. Es ist nur für bestimmte Branchen geeignet und kann primär zur Analyse des Ist-Zustandes sowie als "Gebrauchsanweisung" für Wissensmanagement eingesetzt werden. Es strukturiert den Managementprozess in logische Phasen, bietet Ansätze für Interventionen und liefert ein erprobtes Suchraster für die Ursachensuche bei "Wissensproblemen" in einer Organisation.

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© 2000-2003 Angelika Mittelmann

Geändert am 11. Nov. 2001